Wie uns der Ukrainekrieg in alte Denkmuster zurückwirft.
Sanktionen, die alternativlosen Waffen des Westens zur Verteidigung der legitimen Freiheitsrechte und der Souveränität der Ukraine.
Zugleich der verzweifelte Versuch nach einer Lösung, das unbeschreibliche Leid der ukrainischen Bevölkerung und die Zerstörung der Lebensgrundlage zu stoppen.
Noch nie waren sich die westlichen Staaten dabei so einig, und noch nie wurden Sanktionen mit einer derartigen Schlagkraft verhängt. Eine klare und unmissverständliche Antwort auf die blutigen Aggressionen Putins und seiner Handlanger.
Wie alle großen Waffen haben aber auch große Sanktionen beim Abschuss einen „Rückstoß“. Dazu kommen auch bei Sanktionen Kollateralschäden mit Opfern, auf die niemand zielt, die aber bei einer großen Einschlagsbreite der eingesetzten Waffen unvermeidbar sind.
Den sofort spürbaren „Rückstoß“ merken wir an der Tankstelle. Die Energiepreise gehen durch die Decke und weitere „Sanktionsschüsse“ werden vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit mit wachsendem Vorbehalten diskutiert.
Die nächsten Druckwellen sind das Wegbrechen von Absatzmärkten, verbunden mit Zahlungsausfällen und Arbeitsplatzverlusten. Immerhin betrug im Jahr 2020 das Exportvolumen alleine von Deutschland nach Russland 23,07 Mrd EUR. Es liegt auf der Hand, dass dabei nicht nur Arbeitsplätze westlicher Unternehmen in Russland betroffen sind. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette, für Export und Import, werden diese Druckwellen aufschlagen. Fehlende Teilelieferungen aus der Ukraine haben innerhalb weniger Tage Produktionsstätten in Deutschland und Österreich zum Stillstand gebracht. Die Druckwellen aus den Russlandsanktionen beginnen gerade erst ihre Wirkung zu entfalten.
Aber schon jetzt werden die Rufe nach Steuersenkungen, Energiepreisdeckeln und nach „den guten alten Energiequellen“ wieder laut. Verbleibende Laufzeiten von Atomkraftwerken (das Green-Washing durch die EU Taxonomie an dieser Stelle einmal gänzlich unberücksichtigt), der Kohleausstieg und die CO2 Besteuerung werden kritisch hinterfragt.
Die größten Kollateralschäden sind in der Ernährungssicherheit zu verzeichnen. Russland ist weltweit der größte Weizenlieferant und exportierte im Jahr 2020 Weizen im Gesamtwert von 6.9 Mrd EUR. (das entsprach 18% des Weltmarktanteils). Gemeinsam mit dem kriegsbedingten Ausfall der Weizenexporte aus der Urkraine (dieser war 2020 mit einem Exportwert von knapp 3,1 Mrd EUR und einem Weltmarktanteil von 8% an Platz 5 im Weizenexport-Ranking) sprechen wir von über einem Viertel des Weltmarktanteils.
Die drei größten Importländer für Weizen waren 2020 die Länder Ägypten (2,4 Mrd. EUR), gefolgt von Indonesien (2,3 Mrd. EUR) und der Türkei (2 Mrd. EUR). Alles Opfer, welche wohl in die Kategorie der „Kollateralschäden“ fallen.
Russland will nun seinen Weizen Export stärker regulieren, und mit dem Komplettausfall der Ukraine kommen nicht nur die großen Importeure in Bedrängnis. Der Weizenpreis übersprang letzte Woche bereits den Rekordpreis von 420 EUR pro Tonne. Dass ist mehr als doppelt so hoch als noch vor einem Jahr.
Speziell auf die Ernährungssicherheit in Afrika und mit mittleren Osten hat diese Entwicklung verehrende Auswirkungen. Hilfsorganisationen müssen als Folge dieser Entwicklung bereits jetzt die Ernährungshilfen drosseln. Das heißt Rationen von Hungernden werden gekürzt, um weiteres Verhungern zu bremsen.
Aber wie immer gibt es bei jeder Krise auch Profiteure. Die Ausgaben für die Rüstungsindustrie wurden sprunghaft nach oben katapultiert, und die ganze Welt unterstützt und begrüßt diese Entwicklung.
Für den Frieden braucht es Alle, für den Krieg aber nur Einen.
Dagegen gibt es leider kein stichhaltiges Argument. Deshalb bestimmen nach 70 Jahren Friede in Europa wieder Aufrüstung und Abschreckung die Budgetdebatten auf der ganzen Welt, denn wirtschaftliche Sanktionen alleine haben leider in der Geschichte noch nie einen Krieg beendet. Ist der Krieg einmal beendet, werden auch viele weitere Unternehmen am Wiederaufbau der Infrastruktur verdienen.
Was aber die Weichenstellungen für die Ernährungs- und die Energiesicherheit betrifft müssen wir nun standhaft bleiben. Die Schäden dieses Kriegs dürfen die Anstrengungen in die Nachhaltigkeit nicht bremsen. Vielmehr fordern sie ein noch rascheres und konsequenteres Handeln mit Weitsicht. Schon viel zu lange leben wir unser „schönes Wachstums“ auf den Schultern unserer Kinder und Enkelkinder.
Hätten wir doch bereits in der Vergangenheit konsequenter und effizienter die Energiewende und neue Ernhährungsgewohnheiten umgesetzt, dann wäre jetzt „Rückstoß“ und Kollateralschäden nicht so schmerzhaft. Im Blick nach vorne ist das aber nun der Preis der Freiheit, den wir alle zahlen müssen.
Der Krieg hat in kürzester Zeit alle 17 UN-Nachhaltigkeitsziele für Millionen von Menschen torpediert.
Es liegt nun an jedem von uns, die richtigen Entscheidungen und die richtigen Investitionen zur Rückgewinnung und zum Ausbau dieser Ziele zu leisten. Die Erarbeitung und konsequente Verfolgung einer Nachhaltigkeitsstrategie ist das Gebot der Stunde für jedes Unternehmen. Dabei sind die Profiteure der Krise besonders in der Pflicht. Deren unternehmerische Zugewinne müssen mit Investitionen in die Nachhaltigkeit gekoppelt werden!
Wir müssen nun bereit sein Opfer zu bringen, sowie alle Anstrengungen zu unternehmen, um diese Krise mit gestärkter Nachhaltigkeit für unsere Enkel hinter uns zu lassen!
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